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Oper von Mensch zu Mensch
Die
Idee vor 400 Jahren Von Italien aus trat die neue Gattung schnell ihren Siegeszug an, nicht nur höfisches, auch immer mehr zahlendes Publikum strömte in die Theater, um dem magischen Spiel um große und kleine menschliche Leidenschaften, diesem anziehenden Miteinander von erzählter Geschichte und Musik, ihre Huldigung zu erweisen. Immer virtuoser wurden in der Folge die Werke und die Sänger, mythologische oder allegorische Materialschlachten mit gewaltiger und prunkvoll-aufwendiger Ausstattung und Bühnenmaschinerie. Überzüchteter Bombast und ein steifes Formenkorsett ließen die Gattung mehr und mehr zum blutleeren, aufgedunsenen Ritual degenerieren. zum Anfang Die
Geburt der Opera Buffa Auch die heutige Opernlandschaft metropolitaner Großbühnen, bisweilen intellekualisiert-überzüchteter Regieprojekte, die Welt der Hochglanz-Festspiele und Tenor-Rummelplätze braucht ein Gegenstück. Mehr denn je im Zeitalter der Hochleistungs- und Konsumgesellschaft, der globalisierten Wertstrukturen und Denkmodelle, der allübergreifenden Vernetzung benötigt der Mensch den Spiegel, in dem er sich und seine Gesellschaft, mitunter auch in schonungs- und respektloser Offenheit entlarvt, erkennen kann. Das Theater kann eine solche Funktion erfüllen, auch ohne dabei gleich schulmeisterlich den Zeigefinger heben zu müssen. Lebender Beweis für diese These ist die Kammeroper, seit nunmehr zwanzig Jahren Frankfurts anderes Musiktheater. Seit mittlerweile zwanzig Jahren tritt das Ensemble um Rainer Pudenz Jahr für Jahr mit jeder neuen Inszenierung mit Bravour den Beweis an, dass hochrangiges Musiktheater auch ohne schwindelerregende Kosten erfolgreich gestaltet werden kann. Intensität und Wirkung einer Inszenierung hängen weniger vom Geld ab als von der Idee. Mut, Idealismus, Kreativität und Teamgeist ersetzten von Anfang an, was das Budget nicht hergab vier Grundpfeiler der überaus erfolgreichen Kammeroperngeschichte. zum Anfang Kammeroperanfang
1982 in Frankfurt Seine große Leidenschaft, die opera buffa Donizettis und Rossinis, teilt Rainer Pudenz mittlerweile mit einem dankbaren Publikum. Kontinuierlich und mit treffsicherem Gespür hat er ihre versunkenen Meisterwerke jenseits des Liebestranks oder des Barbier von Sevilla ins Rampenlicht zurück gebracht und damit einen wichtigen Beitrag zur Renaissance Rossinis und Donizettis auf deutschen Bühnen geleistet. Stücke wie La cenerentola, Der Türke in Italien, La gazzetta oder auch Mozarts Gärtnerin aus Liebe sind große Opern, was Besetzung und Anforderungen betrifft. Dennoch führte sie die Kammeroper stets in voller Besetzung auf, nicht etwa als entstellte Schrumpfköpfe in Form zweifelhafter Bearbeitungen für Kleinensembles. Dieses Konzept der Werktreue ist, obgleich immer aufs Neue ein finanzieller Drahtseilakt, einzigartig unter den Kammermusikbühnen Deutschlands. Der Erfolg spricht für sich. zum Anfang Unkonvertionelles
unverkrampftes Musiktheater Lebendigkeit und Lebensnähe werden greifbar im farbenfrohen, pointierten, respektlos-überspitzten, stets jedoch wirkungsvollen Geschehen auf der Bühne ( Man denke nur an den Maskenball in La gazzetta mit seinen zwanzig Marilyn Monroes ! ).Unverkrampftes, ehrliches Theater ist das Resultat, emotional und verständlich in seiner Botschaft, für die es die ganze Palette denkbarer Darstellungs- und Ausdrucksformen von Tragik bis Anzüglichkeit in variantenreicher Form zu nutzen versteht. Nicht selten erhalten selbst trivialste Versatzstücke des täglichen Lebens wichtige Bedeutung als Requisit auf der Kammeropern-Bühne ( Das legendäre Salatschüssel-Duett aus Der Türke in Italien oder die Duell-Besen aus La gazzetta sind nur die Spitze des Eisberges ), indem sie das groteske oder komische der Spielsituation beredt und lebendig akzentuieren Fernab
der Mottenkugel- und Puderperückenromantik früherer Jahrzehnte
hat die Kammeroper mit Bravour bewiesen, wie modern, aktuell und spritzig
Buffa-Oper heutzutage noch sein kann und damit die unbedingte Lebensfähigkeit
dieses oft als zweitklassig oder angestaubt belächelten
Genres unter Beweis gestellt. Nicht
ohne ein eingespieltes Team In den bunten, phantasievoll-unorthodoxen Kostümkreationen Margarete Berghoffs, einer Mitstreiterin der ersten Stunde, finden Pudenz Regiekonzepte seit jeher eine optisch reizvolle Erweiterung. Längst sind Margarete Berghoffs Kostüme zum schätzenswerten Markenzeichen jeder Kammeropern-Produktion geworden, ebenso wie die Bühnenbilder Joao Malheiros, in denen sich Kreativität und Funktionalität in gelungener Weise paaren. Auf eigenständige Weise führt Malheiro, von Haus aus Bildhauer, seit Jahren erfolgreich die Arbeit seines Vorgängers, des Malers Iz Maglow, fort. Beider Arbeit hat die Qualität der Kammeroper entscheidend mitgeprägt. Bei aller Verschiedenheit der Ausdrucksmittel der beiden Künstler - Malheiro setzt im Vergleich zur knallbunten Abstraktion Maglows verstärkt auf konstruktivistische Akzente des Bühnenbildes - ist stets eine Übereinstimmung mit dem jeweils entwickelten Produktionskonzept das Endergebnis. Die Beleuchtungsregie rundet den optischen Aspekt jeder Aufführung stimmig ab. Die Brüder Frank und Dirk Keller, seit Jahren die guten Geister der Kammeropern-Technik, sorgen hierfür mit erfahrener Hand und dem nötigen Timing. Markus Neumeyer, seit einem Jahr musikalischer Leiter der Kammeroper, hat bereits mit seinem Debut, der Dreigroschenoper, eine eindrucksvolle Kostprobe seines Könnens abgeliefert. Akribisch und feinnervig, mit zielstrebigem Blick für das Wesentliche in der Erarbeitung eines jeden Stückes, vermag er sowohl im Probenraum als auch am Dirigentenpult das Vokal- und Instrumentalensemble zu stimmigen Gesamtleistungen zusammenzuführen. Das engagierte Wirken dieses jungen Dirigenten weckt den Wunsch, im Wege einer kontinuierlichen Zusammenarbeit über einen längeren Zeitraum das traditionell beachtliche musikalische Niveau der Kammeroper zu sichern und weiter zu entwickeln. Ein langjähriges Zusammenwachsen von musikalischer Leitung und Ensemble, wie seinerzeit unter Andreas Weiss und Martin Krähe praktiziert, deren erfolgreiche Arbeit Roland Böer und Arne Willimczik zwischenzeitlich fortsetzten, ist der zweifellos beste Garant für qualitative Kontinuität. Gleiches Lob gilt auch für Armin Rothermel, dessen perfekt einstudierter Chor seit Jahren einen wichtigen Anteil zum Erfolg der Kammeroper beisteuert. Dabei besticht der rein männliche Chor der Kammeroper nicht allein in musikalischer Hinsicht, sondern auch durch seine spontan-witzige spielerische Präsenz und Wandlungsfähigkeit auf der Bühne. Was
aber wären jene bestechenden Momente und Leistungen auf der Bühne
wert ohne ein gutes Orchester? Die Qualität und Präzision orchestraler
Begleitung sind das Fundament, auf dem die Wirkung des gesanglichen Spiels
auf der Bühne aufbaut, schlussendlich ein entscheidender Faktor für
die Opernaufführung als Gesamtereignis. Die Kammeroper Frankfurt
hat das Glück, über ein qualitativ hochstehendes Orchester zu
verfügen. In jedem Jahr findet sein bewährter Kern aus erfahrenen
Musikern Ergänzung durch neue, junge Orchestermitglieder, wobei die
Ensemblequalität stets auf hohem Niveau stabil bleibt. Nicht nur
im Hinblick auf die bekanntermaßen knappen Finanzmittel der Kammeroper
ist dies eine äußerst beachtliche Tatsache. Dem Engagement
aller Musiker gebührt höchste Anerkennung. Stellvertretend für
sie alle sei Susanne Kohnen genannt. Die sympathische Oboistin besticht
seit Jahren durch ihr menschliches und musikalisches Engagement für
das Orchester und damit für das Hauptziel der Kammeroper Frankfurt:
Musiktheater auf hohem Niveau. Visionen Zahlreiche
Sängerinnen und Sänger aus aller Welt haben in den vergangenen
zwanzig Jahren ihre künstlerische Visitenkarte auf der Bühne
der Kammeroper abgegeben und so einen bedeutenden Anteil zur Qualität
und Popularität der Kammeroper als Synonym für Oper der
anderen Art auch über die Stadtmauern Frankfurts hinweg erworben.
Was
vor zwanzig Jahren als Vision eines Einzelnen in bescheidenem Rahmen fast
unbemerkt als Gemisch aus Inspiration, Idealismus und Improvisation seinen
Anfang nahm, ist heute, stilistisch wie qualitativ, ein fester Begriff
in Frankfurts Theaterlandschaft. Die seither erworbene Reputation ist
die Frucht kontinuierlicher und konzentrierter Arbeit mit dem Ziel lebendigen
Musiktheaters ohne aufgesetzte Allüren, eines schwerelosen und doch
wahrhaftigen, menschlichen Theaters der Freude, Sinnlichkeit und Besinnlichkeit.
Kunst ist niemals Tempeldienst. Eine Grundwahrheit, Prinzip, Maxime und
Sinnblild für die Kammeroper Frankfurt, gestern wie heute, Anspruch
und Ansporn für die Zukunft. |
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